Alle Beiträge von Wolfgang Mederle

Eine Fat Bob zum Fahren

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Figure 1: Die Orange

verkauft

tl;dr Alles Wissenswerte im Überblick

  • Baujahr 2012, erste Hand
  • optimiert auf agiles Fahrverhalten und Tourentauglichkeit für langbeinige Fahrer
  • alle Wartungen beim Harley-Spezialisten
  • TÜV neu
  • Reifen neu
  • Bremsklötze neu
  • letzte Wartung vor 300 Kilometern
  • 47.000 Kilometer Langstrecke
  • Originalteile gibt’s dazu

Am Anfang Dennis Hopper und Don Johnson

In den nächsten Jahren habe ich vor, neue Wege zu befahren. Schotterstraßen. Waldwege. Viel davon mit Sozia. Daher wechsle ich das Motorradgenre und trenne mich von meinem geliebten Cruiser, mit dem ich in den letzten sieben Jahren große Teile von Europa befahren habe. Die geteerten Teile von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich, Kroatien, Slowenien, Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark.

2012 habe ich mir einen Traum erfüllt, den ich seit meinen Teenagerjahren hatte: eine Harley-Davidson. Ich habe ein Poster von „Harley Davidson und der Marlboro-Mann“ an der Wand hängen und zwischen Steppenwolf und Easy Rider gehört ein Big Twin aus Milwaukee. Dazu kommen meine langen Beine. Sehr wenige Motorräder passen mir. Die Fat Bob saß von Anfang an wie angegossen, und mit ein paar Modifikationen konnte ich auch Etappen von 600 Kilometern am Tag bequem abreißen.

Ich bin damals zum Harleyhändler marschiert mit dem Gedanken „Ich hole mir jetzt eine Harley in Schwarz“. Dort angekommen stellte ich fest, die sind ja alle schwarz – laaangweilig. 2012 kamen die Bobs mit ABS auf den Markt, und das wollte ich aus Sicherheitsgründen haben, also musste es eine neue sein. Neben drei Schwarztönen gab es in dem Modelljahr noch ein laaangweiliges Blau. Und Harley-Davidson Racing Orange. Die musste es sein. Eine Woche später war sie da und hat mich angefunkelt.

Weniger geil fand ich einige Dinge, die man an serienmäßigen Fat Bobs einfach nicht so lassen kann. Allen voran die Holzreifen. Die Dunlops sehen vielleicht cool aus, aber sobald es kühl wird oder feucht, verlieren sie die Bodenhaftung.

Aktuell sind nagelneue Bridgestone Exedra Max montiert, die exzellenten Grip auch bei Kälte und Nässe liefern und viel handlicher zu fahren sind als die originalen.

Modifikation 1: bessere Reifen

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Figure 2: Bridgestone Exedra Max

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Figure 3: hinten neu

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Figure 4: vorne neu

Zähmung des Biests

So schön die Orange optisch daherkam, merkte ich schnell, dass es an vielen Stellen Raum für Verbesserungen gab. Der Motor wirkte seltsam zugeschnürt, der Klang war alles andere als Captain America, die Federung zu weich und unverbindlich, Schräglagenfreiheit so lala, enge Spitzkehren komplex zu fahren mit dem breiten Dragbar-Lenker, Schulterverspannung nach langen Etappen, keine Packmöglichkeiten, schlechtes Abblendlicht und ein Schlusslicht, das sich bei Regen mit Wasser füllt.

Mit den Modifikationen, die ich unten beschreibe – viele davon bereits die zweite Iteration –, bin ich sicher, dass meine Fat Bob für einen langbeinigen Fahrer die am besten fahrbare und kurvenfreudigste ist, die es gibt. Lange Strecken, Passstraßen und optisch ganz klassischer Cruiser, das wollte ich, und das ist sie.

Luftfilter

Der Luftfilter wurde ersetzt durch einen Thunderbike Drilled Bicolor mit K&N-Einsatz. Endlich durchatmen!

Modifikation 2: mehr Luft

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Figure 5: Fat Bob

Auspuff

Ja, die Auspuff-Frage. Penzl oder Kess-Tech? Remus oder Eagle? Nach Monaten und zahllosen Preis- und Qualitätsvergleichen sowie Probehören auf Harley-Events wollte ich eine Entscheidung. Und die musste im schwäbischen Bad Urach fallen, wo Eberhard Schwarz und sein Team von AMC-Tech seit den Siebzigerjahren Auspuffanlagen für Harleys bauen, die Händler nicht gerne anbieten, weil sie weniger Marge bekommen als bei allen anderen Herstellern. Ich musste zum Hersteller, um mir selber ein Bild zu machen.

Eberhard Schwarz selbst beriet mich und öffnete seine Garage, in der jedes aktuelle Harley-Modell stand, denn jede Auspuffanlage ist speziell für ein bestimmtes Modell abgestimmt. Er startete die Fat Bob, und ich dachte mir wieder mal „Geil!“. Dann drehte er am Soundversteller und ich bekam eine Gänsehaut. Bester Sound ever, und ohne dabei schmerzhaft laut zu sein. Weil ich ein netter Kerl bin, bekam ich auch einen Rundgang durch seine Werkstatt. An der Wand hängen die Patente, die Schwarz über die Jahre für seine Schalldämpfer erworben hat. AMC-Anlagen sind die einzigen, die eine Leistungssteigerung bewirken. Die Anlagen werden komplett in Baden-Württemberg aus nahtlos gezogenem Rohr von Thyssen-Krupp produziert und dort auch showverchromt. Das kostet in Form der AMC HD2 über 1800 Euro und ist jeden davon wert. Das ist nicht nur der hochwertigste Auspuff für die Fat Bob, sondern m. E. mit Abstand auch der schönste. Und wenn man nicht Krach, sondern echten Harley-Sound will, muss es eh der sein.

Modifikation 3: Abgasoptimierung

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Figure 6: AMC HD-2

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Figure 7: E-Prüfzeichen

Abstimmung

Neuer Luftfilter, neuer Auspuff, dazu braucht der Motor auch eine passende Abstimmung. Und diese wurde am Prüfstand optimiert auf guten Durchzug bei niedrigen Drehzahlen, wie man es auf kurvigen Landstraßen und Pässen haben will. Dazu gehört ein PowerVision, mit dem man nicht nur alle aktuellen Parameter aus dem Steuergerät auslesen kann, sondern selbst simpel eine andere Abstimmung aufspielen. Seitdem läuft die Fat Bob auch bei kaltem Wetter und kaltem Motor immer einwandfrei, zieht aus allen Drehzahlen und in allen Gängen sauber hoch und braucht auf Landstraßen zwischen 5 und 6 Litern – ein Wort bei 1584 Kubik und 350 Kilo Leergewicht. Gemessene 100 Newtonmeter stehen zwischen 1700 und 5250 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung, mit einem Maximum von 121 zwischen 2900 und 3400 am Hinterrad.

Modifkation 3: Abstimmung

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Figure 8: Tacho mit Kilometerstand

Licht

Serienmäßig leuchtet bei der Fat Bob eine einzelne traurige Funzel, das ist bei Nacht angsteinflößend schlecht. Nicht jedoch beim US-Modell. Daher ließen wir im Fat-Bob-Forum ein Kit anfertigen, das den Umbau auf US-Scheinwerfer erlaubt sowie einen Plug-and-Play-Rückbau aufs Original. Das Kit habe ich sauber eingelötet, und es sorgt seither für brauchbares Licht in allen Lebenslagen, vor allem mit den montierten Osram-High-Performance-Lampen.

Modifikation 4: Scheinwerfer

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Figure 9: Scheinwerfer

Das serienmäßige Rücklicht ist ein Witz, es füllt sich mit Dreck und Wasser und sieht billig aus. Harleys Vorschlag dazu ist eine billig gemachte LED-Leuchte, die mehr als 300 Euro kosten sollte. Eine günstige Alternative war nach kurzer Zeit kaputt, so dass ich anfing, mir richtige Alternativen zu überlegen. Da mir das Doppellicht vorne immer gut gefallen hat, wollte ich das Theme hinten wieder aufnehmen, ohne aber am Bürzelfender etwas zu ändern, der gehört für mich zum Charakter der Fat Bob dazu. Nach langer Suche bestellte ich zwei runde gekapselte LED-Leuchten vom deutschen Hersteller Jokon, sehr hell und unzerstörbar. Für diese baute ich eine Aluminiumplatte, die in den angepassten originalen Licht- und Nummernschildhalter integriert ist. Auch hier kann problemlos wieder zurückgebaut werden, aber meine Lösung ist dem Original weit überlegen. Vor allem das Bremslicht ist weithin sichtbar, und das war mir wichtig, denn wenn von hinten etwas einschlägt, bin ich als Fahrer machtlos.

Modifikation 5: Rücklicht

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Figure 10: Rücklicht

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Figure 11: Bremslicht

Dazu habe ich „smoked“ Blinkerdeckel montiert. Die originalen Bullet-Blinker behielt ich bei, die gefallen mir und sind gut sichtbar.

Modifikation 6: Blinker

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Figure 12: Fat Bob

Fahrwerk

Das originale Fahrwerk ist, seien wir ehrlich, Mist. Die Dämpfung ist zu weich, ständig schlägt man durch, und beim Bremsen taucht die Front ab als wolle sie ins Untergeschoß. Daher hat die Fat Bob vorne progressive Federn von Progressive und hinten progressive Feder/Dämpfer-Elemente von Oehlins montiert, letztere in 13 Zoll statt den originalen 12. Das bringt das Heck um ein Zoll höher und erhöht nicht nur die Schräglagenfreiheit erheblich, sondern führt auch zu einer insgesamt verbesserten Agilität durch den leicht geänderten Gabelwinkel. Leichteres Einlenken und bessere Kurvenfreude ohne Einbußen beim Geradeauslauf sind die Folge.

Modifikation 7: progressive Federn vorne und hinten

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Gepäck

Zum Touren muss man Zeug mitnehmen. Daher hat die Fat Bob hinten einen Fehling-Gepäckträger mit Kofferhalter und Sissybar montiert. Diesen habe ich schwarz pulvern lassen, der Optik wegen. Leder-Satteltaschen sind mit dabei, und damit diese nicht den Fender bescheuern, ist er mit transparenter Kratzschutzfolie davor bewahrt. Sieht man nicht, beruhigt aber.

Für die großen Touren mit Sozia reicht der Platz aber auch nicht aus, weshalb ich noch einen anclipbaren Frontgepäckträger aus Edelstahl habe, der toll aussieht und eine große Gepäckrolle aufnehmen kann. Das gibt auch zusätzlichen Windschutz für die Langstrecke.

Modifikation 8: Gepäckträger vorne und hinten

Sitzkomfort

Ich bin 1,87 und die Länge steckt in den Beinen. Meine Freundin ist 1,63 und im Sitzen so groß wie ich … daher habe ich auf den meisten Motorrädern unmögliche Kniewinkel. Nicht aber auf der Fat Bob mit ihren vorverlegten Fußrasten. Damit sie mir noch etwas besser passt, habe ich den originalen Sattel modifizieren lassen. Die Fahrersitzfläche wurde ca. 2cm nach hinten verlängert. Die Sozia hat dahinter noch genug Platz. Bei der Gelegenheit ließ ich den Sattel und das Lehnenkissen der Sissybar mit schwarzem Leder beziehen und mit orangem Faden vernähen.

Modifikation 9: Echtledersattel für Langbeinige

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Figure 14: Sattel

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Figure 15: Sattel von oben

Für noch mehr Knieentlastung und auch aus Sicherheitsaspekten ist ein Chrom-Schutzbügel mit Highwaypegs montiert. Wenn es lang geradeaus geht, kann man die ausklappen und die Beine ausgestreckt darauf ablegen. Aaaaah. Und bei Umfallern ist das Mopped vor Schäden bewahrt. Ich bin glücklicherweise aber nie damit umgefallen, auch nicht als bei regennasser Fahrbahn auf der Autobahn eine Street Bob ohne ABS in mein Heck schlidderte. Da deren Ölwanne von meinem Kruppstahlauspuff geschreddert wurde und sie ihr Öl übers Hinterteil der Orange verteilte, war ich trotzdem nicht mehr fahrbereit. Das Motorrad wurde in der Werkstatt vom Sachverständigen komplett durchgecheckt und vermessen, und ich bekam neue Bremsbeläge (Öl), einen neuen AMC-Auspuff (so dass dieser Stand heute keine 10.000 Kilometer hinter sich hat) und sicherheitshalber ein ein neuen Hinterreifen und ein neues Schwingenlager. Das fand ich gut, die sind bei diesem Modell üblicherweise nach 60.000 Kilometern eh fällig. Bei der Orange muss man das erst bei sechsstelligem Kilometerstand langsam anschauen.

Modifikation 10: Crashbar, Highwaypegs

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Figure 16: Crashbügel, Highway-Fußrasten

Dass meine Schultern lange Strecken nicht gut vertragen haben, liegt an der vielleicht cool aussehenden aber anstrengenden Sitzposition, in die einen der Dragbar-Lenker zwingt. Auch die Pullback-Riser, die ich zeitweise montiert hatte, lösen das Problem nur unzureichend. Außerdem sieht man in den Spiegeln so gut wie nichts. Abhilfe dafür schafft ein Kodlin-Apehanger, der nicht nur cooler aussieht als der Dragbar, sondern eine superbequeme Sitzposition ermöglicht. Dazu, und das hätte ich vorher nicht gedacht, ist die Fat Bob damit nochmal handlicher in kurvigem Geläuf. Passstraßen machen einen Heidenspaß. Der Ape ist gar nicht so hoch, wie er aussieht, die Hände sind selbst bei mir Sitzzwerg unterhalb Schulterhöhe, und das ist dauerhaft bequem. Durch die höhere Position der Spiegel sieht man jetzt endlich auch, was hinter einem vorgeht, und sie vibrieren bei Autobahntempo nicht wie in der originalen Position. Der Ape hat sehr spitze Winkel, daher sind die innen verlaufenden Kabel in einem Neoprenschlauch verlegt, um sie am Durchscheuern zu hindern.

Modifikation 11: Apehanger

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Figure 17: Apehanger

Vermischtes

Die originale Hupe war mir zu lahm. Daher hat die Fat Bob eine Wolo Bad Boy Zweiklangfanfare (mit ABE), und weil die scheiße aussieht, ist ein Chromcover von Küryakyn drüber. Die Handgriffe sind die großen ergonomischen aus dem HD-Zubehör, passend für große Hände. Eine Zweifach-USB-Ladebuchse ist regengeschützt unter dem Tank verbaut. Die Schaltstange ist custom mit meinem Nick drauf, die werde ich wohl wieder durch die originale ersetzen. Die Bremsbeläge sind von Lucas, viel besser als die von Harley-Davidson verbauten. Hinten ganz neu, vorne erst wenige Tausend.

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Figure 18: Hupe

Aber sonst ist alles original!

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Figure 19: Genuine Harley-Davidson

Preisvorstellung

Die Orange hat jetzt 47.000 Kilometer gelaufen. Klar gibt es Fat Bobs mit geringerer Laufleistung. Meine jedoch ist aus erster Hand, vom Automobilmechaniker kundig bedient, stets vorsichtig warmgefahren, und die Kilometer kommen von vielen Langstreckentouren. Ich bin nach den ersten beiden Inspektionen für jede Wartung 75 Kilometer zu Parts & Service nach Denklingen gefahren, weit und breit im größeren Umkreis von München der beste Harley-Schrauber, den ich kenne. Die Orange hat penibel jede Wartung bekommen und mich nie im Stich gelassen, ein durch und durch vollkommen zuverlässiges Fahrzeug. Außer der Reihe wurde der Spannungsregler getauscht (Rückruf von Harley-Davidson), der Leerlaufsteller war vor kurzem fällig, und der Handbremszylinder wurde überholt. Sonst war nichts und ist nichts. Die letzte Wartung wurde soeben gemacht, Öle sind damit gewechselt, die Reifen sind nagelneu und auch die Bremsbeläge hinten. Draufsetzen und losfahren mit einer kompletten, rundum auf Fahrbarkeit optimierten klassischen Harley ohne Wartungsstau. Dafür möchte ich 11.900 Euro haben. Alles Zubehör und die aufbewahrten Originalteile gibt es dazu. In dem Motorrad stecken 24.000 Euro.

Mittlerweile hat die Orange einen neuen Besitzer gefunden, und ich freue mich, dass sie in wirklich gute Hände kommt.

Two Short Ones

I used to read a lot. Books, I mean. The Web has taken that away. I read Web stuff now. I feel bad when I open a book. It takes so long, and shouldn’t I rather do something for others or get some work around the house done instead of indulging in something just for my own pleasure?

Still, I read. These days I read tweets of that president. Then reactions to tweets of that president. Then psychological analyses of the tweets, questioning the sanity of said president. Intertwined with funny cats and porn. It eats up my time, but I don’t feel that bad about it.

I used to work at my parents‘ gas station as a teen, running the cash register evenings and weekends. We had a couple of regulars who would come on foot, to fill up themselves. 8:30 a.m., Pichlmayer, the most regular of the regulars, was due for his first fix. „Zwei Kurze bitte!“ – „Two short ones, please!“, meaning two finger bottles of Doornkaat, and, for him, out of the freezer. He would drink one on the spot, plunk the bottle in the bin, and stash the other one away for later. You can’t smell Doornkaat in one’s breath as strongly as other booze, it’s like vodka.

I got to know him pretty well over time. He was a hardworking, decent man, a retired mason, building a house for his son, and he came by four to six times a day, two short ones, please, his walk increasingly sideways, his stories slurred. When you don’t buy the big bottle, your people don’t realize you’re an alcoholic. You might not even realize it yourself.

Quick, small fixes, like on the Web. Like on Netflix, where people even call it „binging“, and the episodes are still 45 minutes as if on an imaginary timetable of an old-school broadcast network. Just the next episode, then off to bed. Bummer, no time for a book anymore. (Hmm, maybe Facebook? But then I’ll go to sleep.)

Linux auf dem Desktop: Genuss ohne Reue

Meine Hardware gehört mir!

Ich habe ja ein paar Jahre als Microsoft-Mitarbeiter auf dem Buckel, und das hat dazu geführt, dass ich Microsoft-Hardware eine Chance gegeben habe. Mit einem Surface-RT-Tablet und einer ganzen Reihe von Windows Phones. Auf die harte Tour habe ich dabei gelernt, dass es eine ganz schlechte Idee ist, einer Firma die Kontrolle über ein Gerät zu lassen, das man sich kauft. Sowohl das Surface als auch die Windows Phones sind gegen nicht von Microsoft kontrollierte Installation gesperrt.

Damit besitze ich eine Reihe von teuren und technisch funktionstüchtigen Geräten, die vom Hersteller zu Edelschrott erklärt wurden. Installations-Sperren zu umgehen ist aufwendig, das lohnt sich nicht für die Leute, die dafür ihre Freizeit investieren, gerade nicht bei Geräten, die sich eh nicht so doll verkauft haben.

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Figure 1: Next Cube mit NeXTDimension-Board macht sich gut im Regal

Mein Nokia Lumia 800 war zu seiner Zeit (und so lange ist das noch nicht her, gerade mal sechs Jahre) ein tolles Mobiltelefon. Für so ein Jahr oder zwei, dann gab es Windows Phone 8, und die alten Geräte blieben auf Windows Phone 7 hängen. Das gleiche Spiel mit dem Flaggschiff Lumia 1020 mit seiner immer noch unerreichten 41-Megapixel-Kamera. Windows Phone 10 kam raus, einige Geräte konnten darauf aktualisiert werden, aber nicht das 1020, weil Microsoft mit 10 die Kamera nicht in den Griff bekam – jedenfalls war das die offizielle Begründung. Und einen anderen Browser als den ewig gestrigen Internet Explorer gab es für Windows Phone nicht. Die veraltete Version auf dem 1020 macht es heute fürs Web unbrauchbar.

Das Lumia 800 wollte ich meiner Tochter als erstes Smartphone geben. Nach dem Resetten forderte es einen Login mit einem Windows-Live-Konto. Man kann aber weder ein neues anlegen noch ein altes verwenden. Das Telefon ist mit Werkseinstellungen nicht mehr in der Lage, sich mit dem Dienst zu verbinden, und damit kann man nicht mal mehr veraltete Apps installieren: In den App Store kommt man erst nach Anmeldung. Fein gemacht, Microsoft.

Stallman was right!

Mein erster Fernseher war Mitte der 80er Jahre ein tragbarer Schwarzweiß-Philips mit Antenne und einem Drehschalter zur Senderwahl. Sender einstellen per Drehknopf. Der war zu dem Zeitpunkt mindestens fünfzehn Jahre alt, aber man konnte mit ihm fernsehen! Ich habe 60 Jahre alte Autos besessen, die man problemlos fahrbereit halten kann. Und dann habe ich wenige Jahre alte Hardware, die locker technisch in der Lage wäre, meinem Kind als Telefon und Hörspiel-Wiedergabegerät zu dienen, wenn der Hersteller es nicht verhindern würde.

Für so ein altes Smartphone gäbe es zig Anwendungen, wenn man darauf frei Software installieren könnte.

  • Musikabspielgerät
  • intelligente Fernbedienung
  • simpler Fileserver für daheim
  • Lerngerät für Kinder
  • Spielekonsole
  • oder einfach Mobiltelefon mit freier Software!

So ein Gerät zu bauen kostet eine Menge Energie. Und nach wenigen Jahren, obwohl es noch funktioniert, ist das einzige, was noch geht, wieder Energie reinzustecken, um die seltenen Erden und sonstigen Rohstoffe wieder beim Recycling rauszuholen. Sehr nachhaltig.

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Figure 2: Fährt nach 60 Jahren immer noch, obwohl die Garantie abgelaufen ist!

Künftig wird meine Hardware daraufhin ausgewählt, ob sie open-source-fähig ist.

Meine Daten gehören mir!

Neues Mobiltelefon? Android oder iOS! Google- oder Apple-ID! In beiden Fällen ist das Gerät ohne Registrierung beim Hersteller nur eingeschränkt nutzbar. Die Daten landen in der Cloud, und weil es sonst so kompliziert wäre, unverschlüsselt, und mit Hintertürchen für die NSA. Location History in Android aktiv? Dann kannst du noch nach einem halben Jahr auf Googles Servern nachschauen, wo du an einem bestimmten Tag beim Mittagessen warst, und wie lange. Sooo praktisch. Und sooo erschreckend.

Neuer Rechner? Windows, Mac OS oder Chromebook! Microsoft-ID, Apple-ID, Google-ID. Bing sammelt meine Suchanfragen, Google auch, und Apple zwingt mich in sein Ökosystem, immerhin ohne zwangsweise meine Daten über das hinaus zu sammeln, was für einen schnellen Zugriff auf meine Kreditkarte erforderlich ist.

Dropbox, Skydrive, Google Drive: private Daten liegen unverschlüsselt auf Servern von Dritten. Praktisch. Aber lieber nicht drüber nachdenken.

Linux, Mac OS X und zurück

Mit Linux zum Sysadmin

Ich habe Linux viel zu verdanken, unter anderem meine Karriere in der IT. Ich fand Windows 95 grässlich und landete bei SuSE-Linux. Mit 6.0 fing ich an, und mit 6.1 konnte ich dann arbeiten, nachdem ich den Kofler (Linux – Installation, Konfiguration, Anwendung; das Linux-Standardwerk, mittlerweile in der 15. Auflage verfügbar), von vorne bis hinten durchgearbeitet hatte. Das war im Frühjahr 1999, als gerade der Linux-Kernel 2.2 herausgekommen war.

Mit der Zeit landete ich bei Slackware, einem Roh-Linux für Selbstveredler, und kurz darauf fing ich an, als Sysadmin mein Geld zu verdienen – so viel hatte ich durch Linux darüber gelernt, wie man Computer administriert.

Die damaligen großen Desktop-Oberflächen lehnte ich schnell ab. Sie orientierten sich von der User Experience her an Windows, waren aber eine eher schlechte Kopie, und da so Dinge wie Drag & Drop nie so richtig funktionierten, speckte ich auf Blackbox ab, das man komplett mit der Tastatur bedienen konnte und das gar nicht erst so tat, als würden solche Sperenzchen funktionieren. Dafür war mein Desktop mit einer Matrox-Grafikkarte und einem mageren Duron-600-Prozessor zufrieden.

Mit der Uni zum NeXT-Fan

Am Centrum für Informations- und Sprachverarbeitung an der LMU München kam ich zum ersten Mal mit NeXT-Computern in Berührung. Diese Rechner waren zum Zeitpunkt, als ich mit dem Computerlinguistik-Studium anfing, bereits zehn Jahre alt und hatten ein Jahr-2000-Problem, aber viele Mitarbeiter am CIS schworen auf sie (und einige haben sie noch zehn weitere Jahre verwendet), und nachdem ich mich mit ihnen beschäftigt hatte, verstand ich auch warum. Die Gestaltung der Oberfläche war grandios, und der Display-Postscript-Coprozessor machte sie auch noch flott. Dazu ein solider Unix-Unterbau und eine objektorientierte Programmierumgebung, und es hätte die perfekte wissenschaftliche Workstation sein können, wenn nicht Steve Jobs mal wieder übers Ziel hinausgeschossen wäre mit einem sehr teuer zu produzierenden Magnesium-Gehäuse und dem Fehlen der damals üblichen Schnittstellen für Datenaustausch. Nicht mal eine Festplatte war original in den ersten NeXT-Cubes verbaut. Da die Cubes aber einen Netzwerkanschluss hatten, erfand Tim Berners-Lee auf seinem Cube das WWW.

NeXT-Maschinen hatten Motorola-Prozessoren mit 25 bis 40 MHz und waren damit nur für das nutzbar, was sie 1990 rum können sollten. Ein Cube – bis heute ohne Zweifel der Computer mit dem schönsten Gehäusedesign – steht als Schmuckstück in unserem Medienraum, aber damit wirklich gearbeitet habe ich nie. Schon das Web konnte man spätestens seit JavaScript damit nicht mehr sinnvoll browsen, ob es nun darauf erfunden war oder nicht. Die Konzepte fand ich aber fantastisch.

Vom NeXT zum Jaguar und anderen Wildkatzen

Dann kam Steve Jobs zu Apple zurück, Apple kaufte NeXT und entwickelte sein neues Betriebssytem Mac OS X auf Basis von NeXTSTEP. Plötzlich gab es ein Unix-Betriebssystem mit einer konsistenten Oberfläche. Mit Drag & Drop, mit einfachem Anschließen an einen Beamer, mit (gasp!) Microsoft Office und Adobe Photoshop! Ab Mac OS X „Jaguar“ war ich umgestiegen – ich verlor keine Funktionalität gegenüber Linux, bekam aber eine Menge dazu.

AppleScript und damit Skriptfähigkeit für nahezu jede Applikation. Das Services-Menü, in dem Programme anderen Programmen Dienste anbieten konnten. Die Spaltenorientierung im Finder, für mich ein Killerfeature von NeXTSTEP. Sherlock. Das simpel gehaltene, aber hochfunktionale Apple Mail. Und dann Programme, die aus der NeXT-Welt kamen, wie Aquaminds NoteTaker, ein Outliner mit Skriptfähigkeit, lange vor OneNote, bei mir inzwischen abgelöst von Emacs/Org-Mode.

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Figure 3: Mein Arbeitsplatz anno 2005, Powermac G4 12″

Mein erster eigener Mac war ein aus den USA importierter, bei Ebay ersteigerter Powermac G3 „Schlumpf“ mit vielen Aufrüstungen, der durch mein erstes neu gekauftes Notebook ersetzt wurde, ein Powerbook G4 12 Zoll, das trotz des kleinen Maßes einen DVD-Brenner und eine ganz hervorragende Tastatur integriert hatte. Es folgten diverse weitere Macbooks und Macbook Pros mit verschiedenen Qualitätsleveln. Das qualitativ beste war zweifellos das Macbook Pro 13 Modell „Late 2011“, das ich von 2012 bis heute benutzt habe, lange Jahre als Arbeits- und Privatrechner, und das weitgehend immer noch funktioniert.

Etwas hatte sich inzwischen aber verändert. Apple hatte einen Riesenerfolg mit iOS, und die Notebooks gerieten immer mehr ins Hintertreffen. Ich glaube, das Optimum an Usability war mit OS X „Tiger“ erreicht, danach kam nichts Entscheidendes mehr hinzu, aber vieles wurde schlechter, je mehr Apple versuchte, aus OS X ein iOS für den Desktop zu machen.

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Figure 4: Wie gehtn dös?

Ein bisschen erinnert mich das an Wasserhähne. Bei Wasserhähnen war das Optimum so ca. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre erreicht. Da gab es den Einhebelmischer, links warm, rechts kalt, oben viel, unten aus. Kann man nicht besser machen. Weil aber immer alles neu sein muss, bin ich in Hotels heute häufig überfragt, wie ich an Waschbecken und Dusche lauwarmes Wasser in angenehmer Menge erhalten kann, denn die Designerarmaturen sehen zwar töfte aus, aber wo man da jetzt welchen Nippel wohin drücken muss, darf man jedesmal wieder neu herausfinden. (Buchempfehlung dazu übrigens: The Design of Everyday Things von Don Norman.)

Je mehr Designpreise Apple dank Jonathan Ive einheimste, um so besoffener wurde man offenbar davon, und irgendwann kam der Punkt, interessanterweise m.E. nach dem Tod von Steve Jobs, wo man anfing, die Fehler zu machen, die schon dem NeXT geschadet hatten: Design als Selbstzweck. Bei Apple-Notebooks heißt das vor allem Anorexie. Dünner und dünner mussten die Dinger werden, bis sie keinen Platz für vernünftige Anschlüsse mehr hatten – selbst der geniale Magsafe-Adapter mit der magnetischen Verbindung zum Netzteil wurde dem Schlankheitswahn geopfert. Und die Tastaturen der aktuellen Modelle haben keinen Hub mehr und werden dafür durch Staubkörner außer Gefecht gesetzt.

Apple Mail sieht aus wie Outlook, ich musste es irgendwann durch das hervorragende MailMate ersetzen. Services-Menü verwaist. AppleScript quasi tot. Windows hat jetzt Ubuntu als Option, beide Betriebssysteme sind in die Mittelmäßigkeit mit Unix drunter wenn nötig konvergiert. Der Vorsprung von OS X ist weg.

Das Ganze dann zu Kosten jenseits von Gut und Böse. Während ich früher einen Mac mit günstigerer Ausstattung kaufen und dann RAM und Platte später bei gefallenen Preisen aufrüsten konnte, muss ich heute alles reinkaufen, was ich in fünf Jahren zu nutzen gedenke. 32 GB RAM und 1TB Platte? Gab es lange gar nicht, und jetzt kostet das über 4000 Euro. Nein danke.

Von den Katzen zum Pinguin

Ich hatte in all den Jahren immer mal wieder Linux auf diversen Notebooks installiert, und jedesmal nach kurzer Zeit aufgegeben, weil es Probleme mit der Hardwarekompatibilität gab. In den letzten Jahren hat sich aber sehr viel getan, und als ich es Anfang dieses Jahres mal wieder probierte, erst mal mit einem acht Jahre alten damals High-End-Notebook, war ich bass erstaunt, wie gut sich der Linux-Desktop anfühlte. Plötzlich merkte man, dass Usability ein Thema in der Linux-Welt geworden war. Und weil nicht auf Teufel komm raus alles neu sein muss, hat man gut funktionierende Paradigmen beibehalten und verbessert, statt sie über den Haufen zu werfen.

Und nicht nur das. Hardware wird korrekt erkannt, Bildschirmeinstellungen passen, WLANs werden auch nach dem Aufwachen aus dem Schlafmodus wieder eingebunden. Plattenverschlüsselung macht der Installer gleich mit. Ein Dolphin-Filemanager ist dem OS-X-Finder haushoch überlegen. Und keine einzige App will meine Daten irgendwohin schicken.

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Figure 5: Sieht aus wie iTunes, als es noch keine fette Sales-App war.

Als ich es geschafft hatte, meine iTunes-Bibliothek mitsamt aller Ratings und Play Counts in Rhythmbox zu importieren, war meine private Rückkehr zu Linux perfekt. Mein Macbook begrüßte mich neulich beim Aufklappen mit der Meldung, dass das letzte Backup mehr als 250 Tage her sei. So lange hatte ich Mac OS nicht vermisst! Und dann kam ein Dutzend Meldungen von diversen Installern, dass Updates verfügbar seien. High Sierra! Fast Scripts! Epson Printer Software! Ich klappte den Rechner wieder zu. Linux hat mich nicht ein einziges Mal damit genervt, dass es genau jetzt ein Update haben wollte. Wie angenehm doch das Arbeiten mit Computern sein kann.

Fazit

Es ist heute einfacher denn je, mit Linux auf Desktops und Notebooks zu arbeiten. Wenn wir die Hoheit über unsere Daten und unser Eigentum behalten wollen, sollten wir es tun. Vendor-lock-in BAD. Es gibt inzwischen eine Reihe Notebook-Hersteller, von Tuxedo über Librem bis hin zu Dell und Lenovo, die Linux vorinstalliert anbieten, so dass man als Endanwender einfach loslegen kann. Meine Hoffnung ist, dass wir auch bald auf Tablets und Smartphones wirklich freie Software nutzen können werden.

Linux auf einem Lenovo Thinkpad A475

Warum gerade dieses Notebook?

Folgende Anforderungen sollte der Nachfolger meines Zipperlein entwickelnden Macbook Pro 13 Zoll (late 2011) erfüllen:

  • 32 GB RAM
  • 4 echte Cores
  • nicht zu schwer, aber stabil
  • wartbar
  • vernünftige Querty-Tastatur und Trackpad
  • dockbar
  • Anschlussmöglichkeiten für meine sonstige Hardware
  • Linux-fähig

Nach langer Recherche blieb ich beim A475 hängen, dessen Bristol-Ridge-AMD-Prozessoren bei Benchmarks nicht die Leistung aktueller Intels erreichen, aber Höchstleistung war auch nicht meine Anforderung. Stattdessen will ich in der Lage sein, mehrere RAM-schwere Java-Services (Elasticsearch) zu starten, ohne dass mir der Speicher ausgeht. Und da ich nur testen und keine riesigen Datenmengen verarbeiten möchte, ist ein etwas langsamerer Prozessor kein Problem.

Das A475 ist offensichtlich ein Ladenhüter, was mir aber recht war, denn ich konnte über Ebay ein nagelneues Modell („package opened to check contents“) aus Estland mit UK-Tastatur für gerade mal 550 Euro schießen. Es kam nach einer Woche, originalverpackt, ganz klar unbenutzt, und der günstige Preis für das Modell mit 8 GB RAM und 256 GB Platte ließ genug Budget fürs Aufrüsten.

Vollausstattung

Crucial bietet auf seinem Website an, Nachrüst-RAM und -SSDs passend nach Modell herauszusuchen. Also bestellte ich dort einen Satz RAM-Riegel (2x16GB) und eine SSD mit 1 TB.

Beim Zerlegen stellte sich dann heraus, dass die Platte nicht passt, denn das A475 verwendet NVMe-SSDs, die nur noch eine Leiterplatte mit ein paar Chips ohne Gehäuse sind. Also Platte zurückgeschickt. Das RAM passte.

Bei Amazon bestellte ich eine Western Digital Black NVMe mit einem Terabyte Speicherplatz. Eingebaut, und nichts ging mehr. Obwohl WD behauptet, die Platte werde von Linux unterstützt, bekam ich das Lenovo nicht mal mehr zum Laden des Installers. Kurzum, die Black-Serie von WD ist momentan nicht Linux-kompatibel. Weder mit Fedora 28 noch mit Ubuntu konnte ich installieren. Also Platte zurückgeschickt.

Verbaut ist nun eine Samsung Evo 970 mit 1 TB, und die tut einwandfrei.

Dazu kam eine Lenovo-Dockingstation (gebraucht) und ein neuer Green-Cell-Wechselakku mit sechs Zellen. Alles in allem kostet mich das A475 mit dieser Ausstattung 1300 Euro.

Linux

Offiziell ist Linux auf dem A475 nicht supported. Meine Recherchen ergaben, dass die Komponenten alle unterstützt sind, insbesondere die AMD-Grafik von einem guten Open-Source-Treiber.

Nach guten Erfahrungen auf meinem Übergangs-Oldtimer, einem HP 8540w, entschied ich mich für Fedora 28.

Die Installation lief problemlos, alle Hardware bis auf den Fingerabdruckleser ist vollständig unterstützt. Aus irgendeinem Grund gingen Trackpad und Nippel erst nach einmaligem Suspend/Resume, danach aber immer.

Nur die Grafik bereitete Schwierigkeiten, denn nach Aufwachen aus Suspend hing regelmäßig die grafische Oberfläche. Zwar konnte ich meist per SSH auf den Rechner und ihn neu starten, aber schön ist das für ein tragbares Gerät natürlich nicht.

Nach vielen Versuchen mit Kerneloptionen schrieb ich einen Bugreport auf Freedesktop an einem Sonntagnachmittag, und am Montag vormittag bekam ich vom Entwickler den Hinweis, diese Kerneloption beim Booten mitzugeben:

iommu=soft

Problem gelöst! Jetzt kann ich docken und entdocken, schlafen legen über UI, Knopf, Skript, schlafend eindocken und aufwecken, und das schlimmste, was manchmal passiert, ist, dass das Dock sich nicht richtig initialisiert, worauf ich nochmals entdocke und docke, und dann läuft alles. Sehr angetan bin ich davon, wie schnell sich der Desktop auf die unterschiedlichen Hardwarevoraussetzungen einstellt und meine Fenster auf die beiden Bildschirme verteilt bzw. wieder einsammelt.

Der Entwickler bat mich dann noch um einen Test mit einem aktuellen Kernel, so dass ich nach sicher mehr als zehn Jahren mit diesen Anweisungen einen neuen Kernel kompilierte und nun konstatieren kann, dass spätestens ab Kernel 4.18.5 die o.a. Kerneloption obsolet ist und alles ganz ohne Probleme funktioniert.

Wer einen älteren Kernel verwendet, kann sich an meiner Grub-Konfiguration orientieren:

GRUB_TIMEOUT=5
GRUB_DISTRIBUTOR="$(sed 's, release .*$,,g' /etc/system-release)"
GRUB_DEFAULT=saved
GRUB_DISABLE_SUBMENU=true
GRUB_TERMINAL_OUTPUT="console"
GRUB_CMDLINE_LINUX="resume=/dev/mapper/fedora_linux-swap rd.lvm.lv=fedora_linux/root rd.luks.uuid=luks-blablabla-77b2-4047-89d9-blublublu rd.lvm.lv=fedora_linux/swap rhgb quiet iommu=soft"
GRUB_DISABLE_RECOVERY="true"

Bitte nicht einfach übernehmen, sondern nur als Orientierung verwenden. Auf Fedora ist dies dann zu aktivieren mittels

sudo grub2-mkconfig -o /boot/efi/EFI/fedora/grub.cfg

Update 2018-09-14: Kernel 4.18.5 ist nun der aktuelle von Fedora 28 verwendete Kernel.

KDE

Eine Erfahrung, die ich in den letzten Monaten auf meinem HP gemacht habe, ist, dass das UI mir zeitweise schnarchlangsam vorkam. Ich hatte das auf das Alter des HP geschoben, das aber auch 2010 bereits einen Intel Core i7, Nvidia-Quadro-Grafik und 16 GB RAM hatte und mittlerweile mit einer SSD ausgestattet ist. Auch auf dem Lenovo hatte ich vor allem das Phänomen, dass Applikationswechsel zeitweise mehrere Sekunden dauerten. So wurde das Lesen von E-Mail-Newslettern mit dem Öffnen vieler Browsertabs zum Geduldsspiel.

Dazu fiel mir auf, dass die CPU häufig ausgelastet war, ohne dass ich viel tat. Dafür war Tracker verantwortlich, die GNOME-Suchengine für die Desktopsuche, die verschiedene Dateien, vor allem PDFs und Bilder, nicht korrekt einlas und dann in einer Endlosschleife stecken blieb.

Ich finde die GNOME-Oberfläche von Fedora 28 sehr ansprechend, aber vernünftig arbeiten konnte ich so nicht. Also probierte ich einige andere Desktop-Oberflächen aus und blieb bei KDE Plasma hängen. Ich konnte mit KDE früher nicht viel anfangen, das war mir alles zu nah an Windows, und da kannte ich von der Usability her von Mac OS Besseres. Das aktuelle KDE hingegen finde ich klasse und an vielen Stellen besser als was ich von Windows 10 oder Mac OS High Sierra her kenne.

screenshot.png

Figure 1: Plasma-Desktop

Nach ein paar Einstellungen sieht Plasma aus wie eine weiter reduzierte GNOME-Shell, und vor allem: alles rennt! Klicks auf URLs in Evolution werden sofort in eine Browser-Reaktion umgesetzt, Baloo, die KDE-Indizierungs-Lösung, bringt die CPUs nicht aus der Ruhe, und die sinnvoll und gut umgesetzten Einstellungsoptionen von KDE machen Freude.

Installieren mit

sudo dnf install @kde-desktop

Besonders gut finde ich als jemand, der seit 30 Jahren mit Norton-Commander und seinen ganzen Clones arbeitet, dass der KDE-Dateimanager Dolphin eine Split-Ansicht anbietet.

Zusammenfassend bin ich mit Fedora auf dem Lenovo so zufrieden, dass ich auch auf meinem Arbeitsrechner, wo ich Ubuntu in einer VMware-VM auf Windows 10 laufen lasse, komplett umsteigen würde, wenn es Skype for Business für Linux gäbe, auf das ich leider nicht verzichten kann.

Vermischtes

Neulich hatte ich das Problem, dass der externe Akku nicht mehr geladen wurde und der interne dagegen gar nicht verwendet, was zum plötzlichen Abschalten führte. Abhilfe schaffte ein Hinweis im Web: Auf der Unterseite des Notebooks befindet sich ein kleines, nicht markiertes Loch, und dahinter verbirgt sich ein Mikroschalter. Den bei abgeschaltetem Notebook mit einer Büroklammer ein paar Sekunden gedrückt, und nun lädt der Akku nach Neustart wieder. Ich nehme an, die Funktion entspricht in etwa dem „PRAM zappen“, das ich vom Mac her kenne. Dass dabei etwas zurückgesetzt wird, war auch daran zu erkennen, dass das Trackpad erst wieder nach einmaligem Suspend funktionierte (s.o.).

„Medienlügen“ gekontert mit Halbwahrheiten oder Traue keiner Statistik

Vor ein paar Tagen bekam ich, natürlich in meiner Eigenschaft als Gutmensch, Ines Laufer: Die „Flüchtlings“-Kriminalität zwischen Fakten und Medienlügen verlinkt mit der Frage, wie ich dazu stünde. Ein bisschen habe ich mich geärgert, denn ich kenne die Publikation nicht, es wurde aber laut Text die Polizeiliche Kriminalstatistik „für jeden verständlich und nachprüfbar“ aufbereitet. Leider bin ich, was Zahlen betrifft, etwas skeptisch, und das bedeutet in diesem Fall Arbeit, denn ganz offenbar muss ich selbst wie die Autorin „in die Tiefen der Statistik“ abtauchen.

Aber zunächst mal geht es in Ines Laufers Text weniger um die Statistik selbst als um ein Widerlegen der Gutmenschenpresse, exemplarisch hier der Huffington Post, die ich auch üblicherweise nicht lese. Im verlinkten Artikel mit dem Titel BKA zur Flüchtlingskriminalität: „Straftaten in fast allen Bereichen rückläufig“ heißt es, das Bundeskriminalamt ziehe eine „insgesamt positive Bilanz: «Die quartalsweise Entwicklung der Fallzahlen von Straftaten begangen durch Zuwanderer war in fast allen Deliktsbereichen tendenziell rückläufig.»“ Dort verlinkt ist, wer das auch noch lesen möchte, ein weiterer Artikel mit mehr Hintergrundinformationen und ein Beitrag der Süddeutschen Zeitung, aus denen man entnehmen kann, dass das Gros der Delikte, die von Flüchtlignen begangen wurden, Bagatellen wie Schwarzfahren sind.

Ines Laufer entnimmt der Kriminalstatistik 2016, dass Asylbewerber (von ihr auch Anführungszeichen-auf-Flüchtlinge-Anführungszeichen-zu genannt) „600 Prozent krimineller“ seien als Deutsche. 600 Prozent krimineller? Nicht nur das, bei Gewaltkriminalität seien sie sogar „1400% krimineller“. Erwähnt werden explizit Gruppenvergewaltigungen („4000% krimineller“!), es ist die Rede von „enormen Unterschieden“, „Staatspropaganda“ à la DDR, einer Kriminalität, die „regelrecht explodiert“, und wie wir alle belogen werden. Gut, dass endlich mal jemand die Wahrheit sagt.

Die Kriminalstatistik hat 149 Seiten. Wer mag, kann sie sich vom o.a. URL herunterladen und sich selbst ein Bild machen. Schaumermal rein.

Überblick

So insgesamt hat sich kaum was verändert. Von 2015 auf 2016 stieg die Anzahl der Straftaten insgesamt um 0,7 Prozent. Von mehr als 6 Millionen auf mehr als 6 Millionen. Zieht man die Verstöße gegen das Ausländerrecht ab, sank die Zahl der Straftaten um 0,7%. Von weniger als 6 Millionen auf weniger als 6 Millionen.

Aus dem Report:

Im Jahr 2016 wurden 2.360.806 Tatverdächtige ermittelt (2015: 2.369.036). Bei den deutschen Tatverdächtigen wurde ein Rückgang um 3,4 Prozent auf 1.407.062 und bei den nichtdeutschen Tatverdächtigen ein Anstieg um 4,6 Prozent auf 953.744 registriert.

Die Zahlen zur Zuwanderung für 2016 liegen beim Statistischen Bundesamt noch nicht vor. Aus einer Pressemitteilung lässt sich jedoch entnehmen, dass der Wanderungssaldo (Zuwanderung – Abwanderung) bei mindestens 750.000 erwartet wird. 2015 hatte Deutschland eine Bevölkerung von 82,2 Millionen, davon 8,7 Mio. ausländisch (ohne deutsche Staatsbürgerschaft – mehr als 17 Millionen Menschen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund).

Das bedeutet, die Zahl der Ausländer in Deutschland ist um 8,6 Prozent gestiegen, die Zahl der von Ausländern verübten Straftaten aber lediglich um 4,6 Prozent.

Bezogen auf 2015 ergibt das einen Rückgang der Straftaten durch Ausländer von 3,7 Prozent, mithin mehr als die 3,4 Prozent Rückgang bei den deutschen Straftätern. Dass die Zahl absolut gestiegen ist, liegt also ganz schlicht am Bevölkerungszuwachs, und der Anstieg müsste bei gleichbleibender Kriminalität deutlich höher ausgefallen sein.

Details

Die „Lügenpresse“ spricht von hautpsächlich Bagatellvergehen wie Schwarzfahren und Ladendiebstahl. Ladendiebstahl ist nicht nett, das weiß ich als ehemaliger Ladenbesitzer nur zu gut. Es nervt. Es kostet Geld. Aber es macht einem keine Angst. „Gruppenvergewaltigungen“, die Ines Laufer unter anderem hervorhebt, sind da ein ganz anderes Kaliber.

Vergewaltigung überfallartig (Einzeltäter) gemäß §177 Abs. 2 Nr. 1, Abs.3 und 4 StGB: Hier hat sich gegenüber 2015 fast nichts verändert, 1134 (2015) vs. 1132 (2016).

Bei Vergewaltigung durch Gruppen jedoch sind die Zahlen prozentual dramatisch gestiegen:

  • überfallartig: von 146 auf 225, um 54 Prozent
  • ohne Überfall: von 254 auf 524 Fälle, um über 100 Prozent

Die Zahl der Tatverdächtigen zu diesen Straftaten ist dabei deutlich weniger stark gestiegen:

  • überfallartig durch Gruppen: von 80 auf 90 Tatverdächtige
  • durch Gruppen: von 360 auf 407 Tatverdächtige, davon 166 bzw. 218 nichtdeutsche

Welcher Schluss aus diesen Zahlen zu ziehen ist, ist mir nicht klar. Die Zahlen sind gering genug, dass man sich eigentlich die Einzelfälle ansehen müsste, um eine Aussage treffen zu können. Wer hat hier wen überfallen, was ist passiert, gibt es Brennpunkte?

Was man sagen kann, ist, dass am 10. November 2016 ein neuer, deutlich weiter gefasster §177 Strafgesetzbuch in Kraft getreten ist:

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

  1. der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
  2. der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
  3. der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
  4. der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
  5. der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Hier zum Vergleich die Fassung von 1997:

(1) Wer eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzen einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, nötig, sexuelle Handlungen

  1. des Täters
  2. einer dritten Person an sich zu dulden oder an
  3. dem Täter oder
  4. einer dritten Person

vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft

Dazu kam der durch den neuen §177 weggefallene §179, der es unter Strafe gestellt hat, sexuelle Handlungen an Personen vorzunehmen, die krankhaft seelisch gestört oder körperlich zum Widerstand nicht fähig sind.

Ich bin kein Anwalt, aber der neue §177 enthält m. E. vor allem die dringend notwendige Erweiterung, dass sexuelle Handlungen strafbar sind, wenn das Opfer nicht klar zuzustimmen in der Lage ist. Damit ist z. B. die Fallrate der Sexualdelikte auf der Wiesn 2017, die in der entsprechenden Statistik landen, um knapp 100% gestiegen.

Angst

Was die Zahlen in o.a. Blogartikel erreichen sollen, ist erst mal Angst zu machen, und das klappt auch, sonst wäre der Link nicht in meinem Facebook-Feed gelandet und zigmal ge-like-t worden. Ganz unbegründet ist diese Angst nicht, denn ganz offenbar ist die Bereitschaft zur sexuellen Gewaltausübung unter den Zuwanderern und Flüchtlingen ausgeprägter als bei deutschen Männern, die aber nichtsdestoweniger fast zwei Drittel der Tatverdächtigen bei Einzeltätern und ein Drittel bis die Hälfte bei den Vergewaltigungen durch Gruppen stellen, die bei der Polizei angezeigt werden.

Und das ist der Punkt, wo der Umgang mit Zuwanderern und Flüchtlingen ganz offenbar verändert werden muss. Es reicht eben nicht, Schutzsuchenden aus anderen Kulturkreisen hier Unterbringung zu gewähren und dann zu hoffen, sie gehen wieder nach Hause oder gliedern sich von selbst ein. Dieser Fehler ist hier schon mehrfach begangen worden, beginnend mit den „Gastarbeitern“ der 1960er Jahre. Es ist auch nötig, sie dahingehend zu unterrichten, wie unsere Kultur aussieht, wie damit umzugehen ist, und welchen Wert persönliche Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung haben. Und dafür wird m. E. zu wenig Geld in die Hand genommen.

Die Frage für mich ist: Was wollen wir?

Das statistische Bundesamt weist darauf hin, dass selbst die aktuellen Zuwanderungszahlen nicht ausreichen, um den Geburtenrückgang in Deutschland aufzuwiegen. Mit anderen Worten: Platz haben wir genug. Und dass es uns eine moralische Pflicht sein muss, Menschen in Todesgefahr zu helfen, und das nicht nur, indem man irgendwo Geld über den Zaun wirft, ist für mich selbstverständlich. Vielleicht wäre es mal an der Zeit, Zuwanderung zu regeln, statt sie passieren zu lassen oder als temporär zu deklarieren, und dann auch dafür zu sorgen, dass eine Integration stattfindet.

Und was das Thema sexueller Übergriffe betrifft, würde ich mir wünschen, dass wir endlich zu einer positiven Konsenskultur kommen. Fast jede Frau, mit der ich mich über das Thema unterhalte, ist schon einmal Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden, vom Begrabschen bis zur Vergewaltigung. Und in aller Regel werden diese Übergriffe von Freunden, Bekannten, Kollegen, Partnern begangen. Das meiste davon taucht in der Statistik nicht auf. Die Statistik zeigt m. E. vor allem, dass in anderen Kulturen dieses Problem noch gravierender ist als hier.


Weiterführende Links:

Der böse Teddy

Das Usenet, Flamewars und die Hermeneutik des Wohlwollens

Das Usenet – das auch heute noch existiert, auch wenn es immer weniger Internetnutzer kennen – war eine frühe Form der Gruppenkommunikation im noch jungen Internet, zu einer Zeit, als die Leitungen dünn und die Einwahl teuer war. Es ist nach Themen hierarchisch sortiert, und man postet einen Artikel in die thematisch passende Gruppe wie de.etc.fahrzeug.auto oder de.talk.romance. Usenetserver tauschen diese Artikel untereinander aus. Auf die Artikel anderer kann man antworten, und aus den Referenzen entstehen zusammenhängende Diskussionsfäden. Nach einer gewissen Haltedauer werden die Artikel vom Server gelöscht und sind damit weg, außer ein externes System wie Google Groups sichert sie und macht sie durchsuchbar. Das Usenet ist inzwischen de facto von Webforen abgelöst.

Um Kommunikation effizient und Datenvolumen gering zu halten, gibt es im Usenet einige eherne Regeln (Netiquette). Eine davon ist, dass man von dem Artikel, auf den man antwortet, nur die relevanten Teile zitiert und seine Antwort darunter schreibt. (Das Gegenteil davon ist die heutzutage übliche Art, E-Mails mit Outlook zu beantworten: Text oben, Fullquote unten, abgekürzt TOFU.) Das ist einerseits sinnvoll, gerade in längeren Diskussionen, hat andererseits aber den Nachteil, dass die Botschaft des zitierten Textes möglicherweise zerfasert oder einzelne Aussagen ohne Kontext eine ungewünschte Lesart bekommen, die dann oft zum Gegenstand der weiteren Diskussion wird, und am Ende steht, überspitzt gesagt, ein Flamewar, der in einen Hitlervergleich mündet.

Ich habe in den letzten Tagen viel über Kommunikation und Deutung des geschriebenen Wortes nachgedacht, einerseits wegen der vielen Diskussionen über die US-Präsidentenwahl, Trumps Wahlsieg und dessen Auswirkungen, aber auch wegen persönlicher Kommunikationspannen.

In einem Streit in der Newsgroup de.talk.romance, der inzwischen fast zehn Jahre her ist und dessen Inhalt mir nicht mehr präsent und hier irrelevant ist, entspann sich eine neue Diskussion über Hermeneutik, also die Kunst der Auslegung von Texten. Eingeleitet wurde sie von einem bemerkenswerten Posting von Adrian Suter, der propagiert, Texte wohlwollend auszulegen – eine Hermeneutik des Wohlwollens statt einer des Verdachts.

Adrian Suter in de.talk.romance über die Hermeneutik des Wohlwollens

Die hermeneutischen Voraussetzungen, mit denen Du an einen Text herangehst, kannst Du, zumindest bis zu einem gewissen Grad, selbst bestimmen. Auf einen Haufen andere Dinge, die im Kommunikationsprozess eine wichtige Rolle spielen, hast Du wenig oder keinen Einfluss. Du kannst nicht beschliessen, nun plötzlich grosse Zuneigung für [Person] zu empfinden, Du kannst nicht festlegen, was sie schreibt, Du kannst nicht die Erfahrungen auslöschen, die Du mit ihr gemacht hast. Aber Du kannst Dir den Vorsatz fassen, mit einer Hermeneutik des Wohlwollens an ihre Postings heranzugehen.

Du kannst sogar, das ist der besondere Kniff dabei, den Vorsatz fassen, dass Du wider alle Erfahrung mit einer Hermeneutik des Wohlwollens an ihre Postings herangehst. Mit anderen Worten: Selbst wenn [Person] solches Wohlwollen in Deinen Augen überhaupt nicht verdient hat, kannst Du es ihr entgegenbringen. Selbst wenn Du keinen Anlass dafür in ihrem Verhalten siehst, kannst Du hypothetisch unterstellen, dass sie guten Willens ist. Es scheint mir sehr wichtig, das zu sehen: [Person] mag Dir zu einer Hermeneutik des Verdachts Anlass gegeben haben, doch nichts zwingt Dich dazu – Du kannst Dich wider alle Erfahrung zu einer Hermeneutik des Wohlwollens entscheiden. (Nein, ich sage nicht, dass es einfach ist.)

Nachdem ich nun erläutert habe, dass Du eine Hermeneutik des Wohlwollens anwenden kannst, wirst Du Dich selbst und wohl auch mich fragen: warum solltest Du eine solche Hermeneutik des Wohlwollens anwenden? Gibt es einen guten Grund, sich wider alle Erfahrung dafür zu entscheiden, mit einer wohlwollenden Haltung an Diskussionsbeiträge [der Person] heranzugehen? Der Umstand, dass es geht, impliziert ja noch lange nicht, dass sich die Mühe auch lohnt.

Ich sehe eine Reihe von Gründen, warum es sich lohnen könnte, eine Hermeneutik des Wohlwollens zu kultivieren, und nenne Dir den wichtigsten zuerst: Du erschliesst Dir neue Verstehens- und Handlungsperspektiven.

Eine Hermeneutik des Verdachts schränkt ein: Du hast, plakativ gesprochen, nur die Alternativen, schweigend zu erdulden oder empört aufzuschreien. Eine Hermeneutik des Wohlwollens hingegen erschliesst Dir neue Perspektiven. Es ist also nicht nur und nicht einmal in erster Linie ein Entgegenkommen an [Person], sondern etwas, was sich für Dich selbst lohnen kann.

Dieses Posting empfand ich damals als Augenöffner, der sich nachhaltig darauf ausgewirkt hat, wie ich versuche, Diskussionen im Internet zu verstehen. Sobald eigene Emotionen ins Spiel kommen, wird das eine Herausforderung, aber gerade dann eine, die der Diskussionskultur förderlich ist.

Der böse Teddy

In ihrem Buch „Controlling People“ entwirft Patricia Evans das Konzept der „Teddy-Illusion“.

Menschen, die versuchen, ihren Partner in einer Paarbeziehung zu kontrollieren, haben eine imaginäre Person erschaffen, von der sie denken, dass sie ihr Partner wäre. Sie führen eine Beziehung mit der imaginären Person, die sie mit ihrem wahren Partner verwechseln.

Dieser Teddybär, den die kontrollierende Person ihrem Partner einpflanzt, entspricht einem Idealbild, wie der Partner sei, und wie die kontrollierende Person sich den Partner zurechtlegt: ohne eigenen Willen wie ein Kuscheltier im Kinderspiel. Zeigt der Partner nun aber eine eigene Persönlichkeit oder weicht von dem Idealbild ab, versucht die kontrollierende Person, die Teddy-Illusion wiederherzustellen, wobei der wirkliche Partner mit seinen Bedürfnissen auf der Strecke bleibt.

Ich glaube, dass es auch in der zwischenmenschlichen Kommunikation – innerhalb und auch außerhalb von Beziehungen – so etwas wie eine Teddy-Illusion gibt. Einen bösen Teddy, gefüttert mit Erfahrungen aus früheren Kommunikationen, der die Zähne fletscht, wenn bestimmte Phrasen zum Einsatz kommen oder auch nur ein bestimmtes unerwünschtes Verhaltensmuster vorausgesetzt wird.

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Figure 1: So stellt sich meine Tochter einen bösen Teddy vor

Der böse Teddy schafft eine Hermeneutik des Verdachts, und die Intention des Kommunikationspartners wird vom Teddy verdeckt. Damit ist die Kommunikation von vorneherein gescheitert. Gerade, wenn es emotional wird, ist Evil Ted häufig im Spiel und verhindert das Zueinanderfinden der Beteiligten. Besonders wohl fühlt er sich in schriftlicher Kommunikation. WhatsApp und Co. sind fruchtbare Orte für böse Teddys.

Worte bedeuten etwas. Wenn es nur so einfach wäre.

Straßenmanieren

Wer mich kennt, weiß, dass ich von Radwegen nicht viel halte. Sie vermitteln ein trügerisches Gefühl der Sicherheit, sind in Wirklichkeit aber gerade im Stadtbereich gefährlich. Dazu sind sie an vielen Stellen unkomfortabel, gerade im Kreuzungsbereich, wo es häufig zu einem mehrfachen Auf- und Ab-Gehoppel kommt, das mir mit Mitte 40 (ich hab Rücken!) auch keinen Spaß mehr macht, während die Fahrbahn daneben topfeben ist. Mit anderen Worten, wenn es meine Mit-Verkehrsteilnehmer nicht zu stark beeinträchtigt, also bei geringem Verkehrsaufkommen, nehme ich die Fahrbahn, wenn der Radweg nicht verpflichtend ist.

Neben dem Fahrrad habe ich noch ein Auto und ein Motorrad. Was mir mit beiden noch nie passiert ist, ist, dass mich jemand anhupt, ausbremst und zum Bremsen nötigt, um mir einen Vortrag zu halten, wo ich zu fahren hätte. Mich verblüfft das jedes Mal, nicht nur, weil das immer Leute sind, die keine Ahnung haben, sondern auch wegen der Unverschämtheit.

Exkurs: Pflichtradweg

Ein Radweg ist nur dann verpflichtend zu befahren, wenn er durch dieses Zeichen als Pflichtradweg ausgewiesen ist:

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Es gibt noch die zwei anderen Zeichen mit Fußgängern und Strich längs bzw. quer. Genaueres hier. Eigentlich ganz einfach, oder?

Die Rechthaberin

Nun aber zum Vorfall. Ich bin, wie gesagt, Mitte 40. Ich trug ein Jackett, heute stand ein Kundentermin an. Um es mit Tinder zu sagen: Einsneunzig, Akademiker, fit, no ONS. Würde mich am Marienplatz jemand aus dem Weg schubsen? Ich denke nein. Ich saß aber auf dem Fahrrad und fuhr die pfingstferienleere Willibaldstraße entlang. Plötzlich hupt es hinter mir. Ein Touran überholt, bremst mich aus, bleibt stehen. Ich bleibe auch stehen. Im Blechpanzer: eine Frau. Mal was Neues, sonst erlebt man sowas nur mit Männern. Sie deutet auf den Radweg. Offensichtlich sehe ich aus wie ein Idiot. Ich prüfe kurz, ob mir Sabber aus dem Mundwinkel tropft: nein.

An diesem Punkt steigt mein Adrenalinspiegel. Ich hasse das, denn ich möchte cool und überlegen sein. Statt dessen fange ich vor Wut an zu zittern und kann nur noch brüllen. Ich brülle also: „KENNEN SIE DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN EINEM PFLICHTRADWEG UND EINEM … äh … MÖGLICHEN RADWEG?“ Ich bin so sauer, dass mir nicht mal das richtige Wort einfällt. „Nein.“ Sagt die einfach. An dieser Stelle hätte das Gespräch zu Ende sein können mit einem süffisanten Hinweis darauf, wer sich hier wohl gerade zum Affen gemacht hat. Stattdessen brülle ich noch ein wenig weiter, weil sie sich jetzt auf den Standpunkt stellt, ich hätte sie behindert (klar, sie musste ja extra hupen, stehen bleiben und mich maßregeln!), beende das Gespräch mit irgendwas mit „Nötigung“ und „Anzeige“, worauf sie ganz schnell weiterfährt. Und wechsele 100 Meter weiter vorne auf den Radweg, weil ich das dort eh getan hätte. Nach der Kreuzung wird die Fahrbahn deutlich schmaler, und ich will ja niemandem im Weg rumfahren.

Der meinen Punkt macht

Ich komme genau 400 Meter weiter, als aus einer Einfahrt ein Range Rover ausfährt. Ich brülle noch „HEEEE“, aber das einzige, das hilft, mich vor dem Krankenhaus zu bewahren, ist eine Vollbremsung und ein Not-Ausweichmanöver. Wieder bleibe ich stehen. Wieder geht eine Scheibe nach unten. Dieser hier sagt: „Entschuldigen Sie bitte, das tut mir sehr Leid, das mache ich sonst nie.“ Ich brülle, dass das doch jetzt wohl nicht wahr sein darf. Zuerst will mich die Uschi auf den Radweg zwingen, dann fahr ich auf dem Radweg und werde fast über den Haufen gerammt. Und dann sage ich ihm noch, dass ich eigentlich gar nicht auf ihn sauer bin, sondern einfach eh schon auf 180 war wegen eben gerade.

Fazit

Als Radler ist man einfach der Depp. Aber was mich davon abgesehen immer wieder überrascht, ist, was für ein Verhalten Leute im Verkehr an den Tag legen, das sie sonst niemals zeigen würden. Weil der Radler der Straßenparia ist. Das macht niemand, wenn ich mit Kutte auf der Harley sitze. Und das ist, was mich an solchen Leuten am meisten ankotzt. Wenn ich’s nur mal schaffen würde, sie nicht anzubrüllen.

ID21F 1967 – verkauft!

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Über Serge

Serge ist ein Globetrotter. Gebaut in Frankreich im Sommer 1967, hat er den Großteil seines Lebens im sonnigen Kalifornien verbracht. Ob er, dort zur Blüte der Flower-Power-Zeit angekommen, zum Hippie geworden ist, weiß ich nicht, wohl scheint er aber genderqueer geworden zu sein. Seinen ersten Namen, falls er einen hatte, kenne ich nicht, aber in seiner Heimat ab 2004, England, wurde sie Roxy genannt. Hier in Deutschland, wo Autos mit wenigen Ausnahmen männlich sind, bekam die Mischung aus weiblichen Formen und männlicher Ladekapazität den Namen Serge. Wer Serge adoptiert, darf auch einen neuen Namen vergeben.

Serge ist mir im Herbst 2010 zugelaufen. Ein Notverkauf seines englischen Vorbesitzers, war er substanziell in hervorragendem Zustand, aber mit einem ordentlichen Pflegestau ein Fall, um den ich mich kümmern musste. Eigentlich hatte auf Ebay schon jemand anders den Zuschlag, und dieser Käufer hatte vom Vorbesitzer eine Kiste mit Papieren, die die Historie des Autos dokumentieren, bekommen. Dann war er nicht in der Lage, zu bezahlen, so dass ich an die Reihe kam. Die Papiere schienen aber verloren.

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Figure 2: Serge und ich bei unserem ersten Date in Brüssel

Auf eigener Achse kam Serge nach Brüssel. Dort übernahm ich ihn und fuhr heim nach München. Das war meine erste Fahrt mit einem DS, und den Komfort der hydropneumatischen Federung kombiniert mit den sofaweichen Sitzen fand ich auch als C6-Fahrer phänomenal. Nebenbei fiel mir auf, dass die Heizung nicht heizt.

Zu der Zeit waren wir gerade beim Umziehen, da kam ein Kombi wie gerufen. Nach Inspektion des Unterbodens, der sich solide und nur mit leichten Anrostungen präsentierte, ließ ich bei Auto-Rostschutz Reuel den Flugrost entfernen und einen professionellen Unterbodenschutz aufbringen. Dazu gab es neue Winterreifen, und, von der mangelnden Heizleistung abgesehen, hatte ich das perfekte Transportfahrzeug für unseren Umzug.

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Figure 3: Kein Lifestyle-Kombi, sondern ein schönes Nutzfahrzeug

Der erste Winter

In den ersten Monaten genoss ich das DS-Fahren so sehr, wie es mir gleichzeitig gelegen kam, den großen Laderaum zu nutzen. Dazu machte ich mir eine Liste nötiger Arbeiten. Es standen ja auch der historische TÜV und die Zulassung mit deutschen Papieren an.

Die Schwellerkästen hatten unter dem aufgeklebten »Alu«-Bezug bereits vor dem Winter Rost angesetzt. Nach einigen Salzkuren waren sie reif für die Flex. Zwar hatte Roxy noch in England eine Hohlraumversiegelung bekommen, aber die Kästen rosten von außen dank dem aufgeklebten Gedöns.

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Figure 4: Schwellerkästen vorher: Untenrum durch

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Figure 5: Schwellerkästen vorher: Anrostungen unterm Überzug

Hier war eine Radikalkur angesagt: das Blech musste neu.

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Figure 6: wiederhergestellter Schwellerkasten

Da die Karosserie eines Oldtimers nach fast fünfzig Jahren weich wird, ob sie Rost angesetzt hat oder nicht, habe ich die Schwellerkästen in stärkerem Blech als original ausführen lassen, um das auszugleichen. Gleichzeitig sind Durchrostungen hier für eine lange Zeit kein Thema mehr.

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Figure 7: Schwellerkasten neu hinten links

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Figure 8: Schwellerkasten neu vorne links

Ansonsten hat der DS den Winter weitgehend schadlos überstanden. Dinge wie Rostpickel an den Spiegeln haben mir aber einen deutlichen Hinweis gegeben, dass der alten Dame (Wer hört hier »Boy Named Sue« als Soundtrack?) fürderhin kein Salz mehr zugemutet werden sollte.

Der historische TÜV

Serge kam mit einer Anhängerkupplung, und ich wollte die auch nutzen dürfen. Nach Konsultationen mit dem DS-Club wechselte ich den Kugelkopf gegen einen mit E-Prüfzeichen und legte dem TÜV Bescheinigungen über die zulässige Anhängelast vor. Das reichte, um die AHK eingetragen zu bekommen, und so darf Serge ganz offiziell 1250kg ziehen. Leider nicht die theoretisch erlaubten 1800 Kilogramm, die mit dem DX4-Motor möglich sind, so weit kam mir der Prüfer dann doch nicht entgegen. Serge ist zwar ein ID21F, hat aber im Laufe seines Lebens ein Upgrade auf den Motor vom DS23 mit 110 PS bekommen. Der Motor läuft übrigens wie ein Glöckchen, springt stets einwandfrei an, verbraucht kein Öl und 10-12 Liter Super Plus mit einem nicht unbedingt nötigen Schluck Bleiersatz, den ich ihm trotzdem gönne.

Die Innenausstattung

Das rote Kunstleder war auf den Vordersitzen schon mal erneuert worden, aber in nicht besonders guter Qualität. Die Rückbank hatte Risse und Löcher, und die Türverkleidungen waren teilweise zerrissen und unansehnlich.

Ich bin ein Freund gut erhaltener Patina und der Meinung, dass man einem Auto sein Alter stellenweise ruhig ansehen darf. Nichts gegen Museums-Restaurationen, aber mir gefällt es, wenn die Historie durchscheint, und gerade, wenn man einen Oldtimer auch bewegen möchte, und zwar nicht als Trailer Queen, sondern auf eigener Achse, sind ein paar Narben nicht nur Charakterausweis, sondern auch beruhigend.

Was die Innenausstattung betrifft, so war diese aber leider schon aus dem Stadium »Patina« herausgefallen. Gut, wenn man mit einem Sattler befreundet ist! Die Sitze und Türverkleidungen präsentieren sich heute in neuem Kunstleder (Serge ist ein ID, ein Familientransporter, da passt m. E. Leder einfach nicht), dazu gab es neue Teppiche aufs originale Dunlopillo, und ich finde, die Arbeit ist einfach schön geworden.

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Figure 9: neue Rückbank

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Figure 10: Vordersitze

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Figure 11: Türverkleidung

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Figure 12: Die Notsitze präsentieren sich mit dem originalen Bezug

Der Laderaum ist naturbelassen und original, mit allen kleinen Kratzern der Jahre. Der Laderaumboden ist noch mit dem originalen, mittlerweile rissigen, Bitumen bedeckt. Alles Blech ist fest und solide. Ich mag diese benutzte Optik. Wer es nicht mag, muss in neue Kunstlederabdeckungen (gibt es bei Sassen für kleines Geld) investieren und alles neu lackieren. Doch wozu? Wer das tut, belädt hier nicht mehr, denn ein Kratzer versaut den Neulack. Und Kinder kann man dann schon gar nicht mehr auf die Notsitze lassen, obwohl die nichts lieber tun als dort zu sitzen.

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Figure 13: Mach mich voll!

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Figure 14: Give me a Break, sprach der Lademeister

Die Karosserie

Dieses Kapitel ist ein historisches. 2008 und noch in England wurde die Karosserie des Break vollständig aufgearbeitet. Auch die Lackierung stammt aus dieser Zeit. Ich kann es nur nochmal betonen: Die Lackierung von Serge ist sieben Jahre alt und hat vor fünf Jahren einen Münchener Winter mitgemacht. Die Karosserie ist rostfrei. Die Türen bekamen damals Edelstahlhäute. (Weil ich das immer wieder gefragt werde, habe ich mich bei einem befreundeten Karosseriebauer informiert: Ja, das geht.) Ich habe vor einigen Jahren die vorderen Türen aufgarniert, um die Scheibenmechanik zu fetten und einzustellen, und die sind in toller Qualität bearbeitet worden und bis heute in Topzustand. Der einzige Rost findet sich an der unteren Dichtkante des Heckdeckels, und selbst da ist noch keine sofortige Arbeit nötig und schon gar nichts zu schweißen. Entrosten, lacken, fertig.

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Figure 15: marginaler Rostbefall an ansonsten top erhaltenem Heckdeckel

Hier sind einige Bilder, die die Arbeiten in England zeigen:

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Figure 16: Aufgearbeitete Türen vor der Lackierung

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Figure 17: Die Heckklappe

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Figure 18: Ein Kotflügel

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Figure 19: ausgezogen

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Figure 20: Arbeiten am Heck

Das einzige, was die Engländer nicht so können, ist kleben. Die Dämmmatten der Motorhaube sind bereits von mir neu verklebt worden, und den Himmel nehme ich mir auch noch vor, bevor ich das Auto abgebe.

Die vielen Dinge

In den Jahren, die ich Serge besitze, habe ich vieles repariert und verbessert. Neben Wartungsarbeiten wie LHS- und Ölwechseln und Erhaltungsarbeiten wie Owatrolbehandlung patinierter Bleche, habe ich, unsortiert und unvollständig, unter anderem dies getan oder machen lassen:

  • Komplettüberholung Kühler durch Kühlerbau Lörrach, Einbau eines Hochleistungsnetzes. Damit keine thermischen Probleme mehr auch bei hoher Last.
  • Neuer Wärmetauscher (AT-Teil von Sassen). Endlich Heizung!
  • Beseitigung eines unangenehmen Kupferwurmes. Dieser hat mich lange gefuchst, er führte dazu, dass eine Sicherung flog und die Ladekontrolleuchte anging. Leider sehr schwer reproduzierbar. Letztendlich entdeckte ich den Wurm im Armaturenbrett, nachdem ich dort alles auseinandergerissen hatte: Ein loses Kabel, das den dort befindlichen Stromabnehmer gelegentlich besuchte …
  • neuer Reißverschluss im Luftleitsack
  • neue Bezüge für die Schwellerkästen. Außen musste ich kleben, da geht’s nicht anders, aber innen ist das Kunstleder nur aufgelegt und umgeschlagen, so dass man die Kästen jederzeit kontrollieren und bei Bedarf alles durchtrocknen lassen kann. Auch die Dichtleisten sind neu, die alten waren nicht zu retten.
  • neuer Reserveradspanner
  • diverse Gummiteile im Motorraum neu
  • den 2010 aufgebrachten Unterbodenschutz geprüft und, wo nötig, entfernt/entrostet, gewachst bzw. mit Owatrol behandelt
  • eine Stelle im Fahrerfußraum geschweißt. Hier befindet sich ein Blechdeckel, wo es Wasser in den Fußraum zieht. Unter dem ganzen Dunlopillo und Kunstleder fängt es dann zu blühen an. Fachmännisch beseitigt und ordentlich abgedichtet
  • Heizungsrohre verlegt
  • Die kaputte Uhr zerlegt. Leider bin ich Automobilmechaniker, kein Uhrmacher. Dort gähnt jetzt ein Loch. Tut mir Leid.
  • Spritzbleche in den vorderen Radkästen durch GFK-Teile ersetzt. Die rosten nie mehr. Erfahrungen der DS-Gemeinde mit diesen Teilen waren gut, also habe ich mich zu dieser Originalitäts-Untat entschlossen.
  • Schalthebelabdeckung neu
  • Blinkerschalter aufgearbeitet
  • Thermostat neu
  • Türen eingestellt
  • Scheibenwischer neu
  • Zweiklangfanfare neu

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Figure 21: US-Front. Anders als die vom SM, finde ich diese gelungen.

Die vielen Dinge vor mir

Der DS war in guten Händen, und auch die Eigentümer in den USA haben den Wagen gepflegt. Einige nette E-Mails, Beharrlichkeit und eine Flasche Whiskey haben den Fast-Ersteigerer dazu bewegt, mir doch noch die verloren geglaubten Papiere zu schicken, so dass ich einiges über die Geschichte des Wagens und die Service-Historie gelernt habe.

Unter anderem hat er ein neues Lenkgetriebe. Die Lenkung funktioniert exzellent, was bei vielen DS nicht so der Fall ist.

1967 war ein Jahr, in dem Citroën Kabelbäume in grauenhaft schlechter Qualität verbaut hat, bei denen die Isolierung der Kabel sich auflöst. Serge hat einen neuen Kabelbaum.

2004 wurden die Hohlräume mit Konservierungswachs behandelt.

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Was man noch tun kann

  • Detailarbeiten. Zum Beispiel würde der Luftfilter von einer neuen Lackierung profitieren.
  • Der Motor ölt ein wenig. Nicht TÜV-relevant, altersgemäß, aber kann man mal angehen.
  • Uhr!
  • Der Stabilisator klappert. Die Gummis sollten, wenn man Ersatz in vernünftiger Qualität findet, mal erneuert werden. Zur Zeit haben viele Nachfertigungen der Gummiteile eine sehr schlechte Qualität, daher lasse ich im Zweifelsfall lieber ein originales Gummi drin.
  • Fahren, fahren, fahren!

Mehr Info

Hier gibt es noch mehr aktuelle Bilder

Für wen ist dieses Auto?

Im Unterschied zu einem Südfrankreich-Import sind hier sowohl Blech als auch Technik in gutem Zustand. Wer etwas zum Restaurieren sucht, sollte zu einem billigeren DS greifen und kann dann viele, viele Stunden Arbeit oder viel, viel Geld investieren. Hier muss nichts restauriert werden. Serge ist ein solides Alltagsfahrzeug. Kann man einen Zustand 1 daraus machen? Klar, würde ich bei diesem Auto aber nicht. Ein guter Zustand 2 ist leicht zu erhalten und ermöglicht es, täglich mit diesem wunderschönen Auto zu fahren, ohne ständig Angst um den Museumszustand haben zu müssen. Verschönerungsarbeiten macht man dann nebenbei.

Laufleistung laut meiner Unterlagen 124.000 Meilen. Der TÜV ist neu!

Ach ja – der Preis: Ich möchte 18.000 Euro für Serge. Reell für einen alltagstauglichen DS Break mit der erwähnten Historie an Reparaturen und Pflege, die ihn zukunftssicher machen.

Update: verkauft!

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Figure 23: Da fährt er hin …

Freunde und Fahren 2013 – Teil 6

Malmö

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Es ist schon Nachmittag, als ich aufbreche. Ich nehme die Autobahn nach Malmö. Das Wetter ist eh nicht gerade motorradfreundlich. Es herbstelt inzwischen stark, ist regnerisch und kühl.

Ich komme gegen 19.30 Uhr am Hotel Plaza an, dusche und gehe los, um mir gemütlich ein Restaurant zu suchen. Nun ja. Es ist Sonntagabend und wir sind in Schweden. Die Küchen haben bereits zu. Überall, wo ich frage. In der Innenstadt von Malmö. Um 21.30 Uhr finde ich einen Burger King.

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Figure 1: Es ist 21.30 Uhr am Sonntag.

Seit bestimmt 20 Jahren ist das der erste Burger King, den ich finde, der vor 1 Uhr morgens schließt. Ich habe also noch eine halbe Stunde, um mir einen Whopper reinzuwürgen. Schweden, Du und ich, wir haben ein Problem.

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Figure 2: Malmö am Abend. Geschlossene Kaffeebars und ein horror vacui.

Man weist mir den Weg zu einem Pub, das immerhin bis 23 Uhr geöffnet hat.

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Figure 3: Bier!

Danach setze ich mich einsam auf eine Bank.

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Figure 4: Melancholie

Tschüss, Malmö. War schön mit Dir. Nicht.

Dänemark

Langsam mag ich heim. Das Wetter ist übel. Ein Höhepunkt fehlt mir noch: die Fahrt über die Öresund-Brücke, die längste Schrägseilbrücke der Welt. Das hatte ich mir grandios vorgestellt, nachdem ich Bilder davon in einem Borowski-Tatort gesehen hatte. Mit der Orange über die Brücke bobbern, darunter das Meer. Leider pißt es. Seitenwinde blasen mich umher. Mir ist kalt. Die Maut beträgt fast 50 Euro. Es ist neblig, ich kann kaum etwas über die Brücke hinaus sehen. Es gibt wirklich nichts, was nicht scheiße ist an dieser Erfahrung. Ich freue mich, als die Brücke in einen Tunnel mündet und ich wenigstens kurz keinen Regen und keine Winde abbekomme.

Während die Norweger extrem kooperativ fahren, sind die Schweden schon wieder flotter unterwegs. In Deutschland habe ich gerade auf Autobahnen immer den Eindruck als Motorradfahrer, daß man mich umbringen möchte. Bei den Dänen kommt es mir eher vor, als wollten sie sich selbst umbringen. Besser ist das auch nicht unbedingt.

Ich muss heute noch Hamburg erreichen. Meine Enttäuschung schlägt in Wut um. Ich gebe Gas. Die Harley brüllt Tempo 160 heraus. Mir ist alles wurst, ich will nur weg von hier. Grimmig rase ich nach Puttgarden.

Hamburg

Ach, Deutschland. Es regnet immer noch, aber ich bin an einem Ort, wo ich auch um Mitternacht noch einen Döner und ein Bier bekomme! Ich habe im Fritz-Hotel reserviert, direkt im Schanzenviertel. Die Orange parke ich am Gehwegrand. Das Hotel ist m.E. früher eine Arztpraxis oder sowas gewesen. Die Zimmer sind klein, Frühstück gibt’s keins – mangels Platz … aber dafür sind immer frische Früchte und ein Kaffeeautomat auf dem Gang. Gleich neben dem Hotel sind ein Bäcker mit Frühstück und ein Imbiß. Von meinem Zimmerfenster aus sehe ich direkt auf den S-Bahnhof. Und der S-Bahnhof sieht direkt in mein Zimmerfenster. Ich lege meine Sachen, so gut es geht, zum Trocknen aus, und wärme mich mit einer heißen Dusche auf.

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Figure 5: Naß! So naß!

Am Abend treffe ich mich mit einem Freund, der einige Zeit in Hamburg verbracht hat, und extra aus München hochkommt, um mit mir essen zu gehen und bei der Gelegenheit Bekannte zu treffen. Wir gönnen uns Steak in der Schlachterbörse.

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Figure 6: Schlachterbörse

Danach ziehen wir durchs Schanzenviertel.

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Figure 7: Schlachterbörse die zweite

Am nächsten Tag habe ich noch einen Termin in Hamburg: Auf zu Paulsen, um meine Maße nehmen zu lassen. Ich möchte mir, wenn es finanziell mal drin ist, eine Lederkombi maßschneidern lassen. Von Paulsen habe ich schon eine Veddelhose zum Motorradfahren, aus Deutschleder, einem extrem strapazierfähigen Baumwollstoff, der auch bei einem Sturz nicht nach wenigen Metern durchgescheuert ist wie eine normale Jeans. Ich bin ein Fan dieser Hosen, die es auch in Pilot gibt, einem etwas weniger strapazierfähigen aber dafür dünneren Stoff, gut geeignet als Hose für jeden Tag außer im Hochsommer. Sie kosten weniger als eine Designerjeans, sehen cool aus und sind auf Maß gefertigt.

Zufällig ist der Chef selbst da – mein Glück, sonst hätte niemand mich vermessen können, normal geht das nur mit Termin. Und sein Glück, denn er überredet mich, die Lederkombi gleich zu bestellen, weil Maße ja schließlich fluktuieren … Er zeigt mir eine Lederkombi, die mehrere Stürze, ne halbe Million Kilometer und die biergetriebene Bauchexpansion ihres Besitzers in mehr als 20 Jahren hinter sich hat; dafür wurde mal ein Stück eingesetzt.

Ich entscheide mich für eine schwarze Lederkombi aus Cool Leather, einem schadstofffreien Ledermaterial, das BMW entwickelt hat, und das trotz seiner Farbe viel weniger Hitze durch die Sonneneinstrahlung aufnimmt als normales Leder. Dazu noch ein aufgesticktes Monogramm in Orange, passend zum Bike, und ich möchte einen klassischen 50er-Jahre-Kragen haben. Ich freue mich auf ein Stück feine Handarbeit, das vom Material bis zur Herstellung aus Deutschland kommt und nicht einmal teurer ist als eine gute Lederkombi als Stangenware.

(Ein paar Wochen später kommt die Kombi bei mir an. Der Kragen stimmt nicht, es ist ein einfacher Rundkragen, aber ansonsten stimmt an der Kombi alles, vor allem die Paßform. Gut, dass der in dem Laden obligatorische Griff an die Klöten dafür sorgt, dass nirgends etwas zwickt. Die Verarbeitung ist erstklassig, und der Kragen erweist sich als praktisch. Tatsächlich ist diese Ledersorte bei starker Sonne genial. Ein Tip übrigens, um eine solche Kombi einigermaßen regendicht zu bekommen: Die Nähte dick mit Lederfett einschmieren und dann mit einem Fön einarbeiten, so daß es richtig reinläuft.)

Heimreise

Last Stop: Rudolstadt. Dort besuche ich einen norwegischen Freund, der sich dorthin verliebt hat und nun eingewandert ist. Mittlerweile ist er verheiratet und Papa von Zwillingen.

Er klärt mich auf, wo die frühe Sperrstunde bei den Schweden herkommt: Die hatten früher nicht die Möglichkeit, Bier zu brauen, aber genug Beeren und Zeugs für Unmengen Schnaps. Und von Schnaps wird man schneller blau, also ist früher Schluß. Außerdem, Lutherische halt.

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Figure 8: Ich weiß nicht mehr, was dies zu bedeuten hat

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Figure 9: Rudolstadt

Das letzte Stück von Rudolstadt nach München fahre ich komplett über Land bei herrlichem Wetter. Die Dicke läuft wie eine 1. Nach mehr als 5000 Kilometern komme ich erschöpft und mit vielen neuen Erfahrungen zu Hause an.

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Figure 10: Die Orange braucht auch ne Dusche

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Figure 11: Am Reiseende

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Figure 12: Reifen: demnächst fällig

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Figure 13: Die Satteltaschen haben den Lack angescheuert

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Figure 14: The End

Freunde und Fahren 2013 – Teil 5

Trollhättan

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Figure 1: Parken am Hotel Trollhättan

Es geht wieder nach Schweden, ich bobbe nach Trollhättan. Dort gibt es einen pleite gegangenen Automobilhersteller, dessen letztes Fahrzeug ich gekauft hätte, wenn er es noch bauen können hätte. Ich möchte zum Saab-Museum. Saab hat mit einem lächerlichen Budget die Rallye-Szene jahrzehntelang dominiert, und das hörte erst auf, als Reglement-Änderungen aus Rallye-Autos, die bis dahin modifizierte Serienfahrzeuge gewesen waren, Kleinstserien-Monster machte, die nur noch die Großen bauen konnten.

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Figure 2: Parken am Hotel Trollhättan

Nach dem Check-in im Hotel Trollhättan habe ich erst mal Kohldampf. Ich lasse mir vom Concierge ein Lokal in der Nähe empfehlen, irre aber eine gute Stunde auf und ab und kann es nicht finden. Ich bin schon drauf und dran, aufzugeben, als ich an einem Schaufenster vorbeilaufe, das ich bisher ignoriert hatte, weil mich Klamotten gerade so gar nicht interessieren, aber bei genauerer Inspektion stellt sich die vermeintliche Boutique als das Mamma Mia heraus.

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Figure 3: Diese »4« war vor meinem Zimmerfenster und quietschte erbärmlich beim Rotieren

Ja, erklärt man mir, man hätte da früher ein Schild am Haus gehabt, aber das sei vor zwei Jahren bei einem Sturm abgerissen, und die Einheimischen wüßten ja, wo das Lokal sei. o.O Für meinen Kohldampf kriege ich als Vorspeise einen Krautsalat. o.O

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Figure 4: Krautsalat beim Italiener

Nach dem Essen ist es dunkel, und ich ziehe los in die Innenstadt – es ist Samstag, ich hoffe auf etwas Rummel, und ich finde eine Rock-Kneipe namens Backstage. Die Musik ist gut, das Bier auch. Ich wippe mit dem Kopf und schaue herum. Ein junger Kerl quatscht mich an, ob ich Gamer sei. (Ich trage ein Nine-Inch-Nails-T-Shirt, auf dem steht hinten »halo twenty eight« drauf. Halo ist wohl auch ein Game, was weiß ich …) Ich verneine also, aber er kommt eine halbe Stunde später wieder. Ich denke mir »schwul oder was?«, er fragt mich, wo ich herkomme, ich erzähle ein bißchen von meiner Tour. Er meint, er finde mich cool, ob ich Bock hätte, mit ihm und seinen Freunden auf eine Party zu gehen. Was habe ich schon zu verlieren, mehr als in einer Blutlache enden kann ich nicht, also komme ich mit.

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Figure 5: Das Backstage, Trollhättan

Es geht zu einer Fete nach einem Skaterfestival namens Junkfest. Die Jungs primen mich mit Wodka-Red-Bull und erzählen, daß dort geile Girls sind und sie heute noch zum Schuß kommen wollen. Ich bin eh schon angeheitert, meine Heiterkeit steigt weiter.

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Figure 6: Been there, got the wristband

Nun bin ich also auf einer Club-Fete, sie geben mir auch noch Biere aus, besser könnt’s ja nicht laufen. Ich bin in Schweden, Leute, die schönsten Frauen der Welt laufen hier herum, die Musik ist gut, meine neuen Freunde ziehen sich einer nach dem anderen zurück. Ich fühle mich fantastisch, das wird eine tolle Nacht. Ich gehe zur Bar, um mir noch einen Cocktail zu holen. ZAPFENSTREICH. Es ist Mitternacht. Nicht nur kriege ich kein Bier mehr, sondern die Party ist vorbei. Man schiebt uns aus dem Hotel nach draußen. Mehrere hundert zumeist junge Menschen stehen nun vor dem Hotel herum. Gut, einige liegen auch vor dem Hotel herum oder kotzen in die Büsche. Ich frage verzweifelt, was denn jetzt los sei, und lasse mir erklären, daß das hier so Gesetz ist. Um Zwölf ist Schluß. Es gibt nun nichts mehr als Privatpartys, und da ich niemanden kenne und meine Strähne vorbei ist, nimmt mich niemand mit. Die Polizei schiebt uns von dannen. Es gibt nirgends mehr Alkohol. Wird man von der Exekutive mit Bier in der Hand angetroffen, wird es einem weggeschüttet. Mit einem besoffenen Schweden gehe ich zu einem Fast-Food-Laden, trinke eine Fanta zu meinem Hamburger, und dann gehe ich ins Hotel. Meh. MEGA-MEH.

Der Morgen danach: Saab

Nach dem Frühstück will ich ins Saab-Museum.

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Figure 7: Promenade

Ich beschließe, zu Fuß zu gehen. Man merkt, hier ist Saab Country.

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Figure 8: ’n Saab

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Figure 9: ’n alter Saab

Der Weg zum Museum ist hübsch, es geht am Fluß entlang, und ich passiere die beeindruckenden Schleusenanlagen.

Saab-Museum

Das Saab-Museum war einer der Fixpunkte meiner Reise. Sehr schön gleich am Eingang der letzte Saab, der 9-5 Sportwagon, den ich damals bestellt hätte, wenn er noch gekommen wäre. Ca. zwei Dutzend Prototypen sind gebaut worden, einige haben es sogar auf die Straße geschafft. Saab gehört heute einem chinesischen Investor und versucht einen Neustart als NEVS mit Elektromobilen auf Basis des angejahrten 9-3.

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Figure 10: Der Saab, der nicht mehr sein durfte

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Figure 11: Wie am Schnürl aufgereiht

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Figure 12: Schnittmodell

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Figure 13: Schon früher gab es Saabs, die niemals kamen

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Figure 14: Sicherheit

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Figure 15: Rallye-Champion

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Figure 16: Das Monster, mit zwei nebeneinander eingebauten Dreizylinder-Zweitaktern

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Figure 17: Designstudie

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Figure 18: Designstudie

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Figure 19: Sonette

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Figure 20: »Tarnung«

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Figure 21: Der Saab-Wohnwagen

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Figure 22: Merchandise

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Figure 23: Besucher

Hier, Bilder aus Trollhättan.

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Figure 24: Trollywood

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Figure 25: vor dem Saab-Museum

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Figure 26: ein alter Zug

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Figure 27: am Kanal

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Figure 28: Flechten oder sowas

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Figure 29: Schleusenanlage

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Figure 30: Schleusenanlage 2

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Figure 31: alte Schleusenanlage

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Figure 32: Schleusencafé (nur Filterplörre)

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Figure 33: um die Schleusen herum

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Figure 34: Stufen

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Figure 35: Schleusenerklärung

Es fängt an, deutlich zu herbsteln. Zeit für die Heimreise.

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Figure 36: Herbst

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